Text

Thomas Feuerstein

Sample Minds1

Sampling und Assembling

Unsere Kultur ist mustergültig, musterhaft und mustergläubig: Sie ist 08/15. Unter diesem Label fand das deutsche Maschinengewehr des Ersten Weltkrieges Eingang in die Alltagssprache und setzte neue Standards für ein System modularer Serienfertigung.2 Wurden bis ins 19. Jahrhundert Maschinenteile als singuläre Einheiten durch trial and error aneinander mittels Feilen und Schleifen angepasst, entsteht mit 08/15 ein Funktionsstandard, der es erlaubt, in einem dislozierten Produktionsnetz Einzelteile zu erzeugen und an beliebigen Orten zu Maschinen zu assemblen. Die Zerlegung von Funktionsganzheiten ist zwar so alt wie der Buchdruck, aber erst mit 08/15 wird eine Identität von Teilen erzielt, welche diese wie frei flottierende Zeichenketten von Maschine zu Maschine austauschbar macht.

Identität, Substitution und Kombinatorik entspringen dem Geist des militärischen Rationalismus und der französischen Aufklärung und folgen einer Logik des 17. und 18. Jahrhunderts, die nach Foucault Wissen von der Ordnung ist. Schule, Strafanstalt, Militär und Manufaktur werden zu Institutionen der Biopolitik, um Körper zu vermessen, Individuen zu disziplinieren, Zeit zu organisieren, Handlungen zu kontrollieren, d.h. Welt zu normalisieren und zu standardisieren. Aus liberté, égalité, fraternité wird uniformity, simplicity, interchangeability, wodurch ein Spiel der Struktur freigesetzt wird, das über Permutation und Variation der Einzelelemente ein kombinatorisch geschlossenes System aller möglichen existierenden Maschinen erzeugt. Damit wird jedes Zwischenprodukt zum Handelsgut und eine vergleichsweise kleine Zahl von Ausgangsprodukten bedingt eine unübersehbare Vielfalt der Enderzeugnisse durch neue Zusammensetzungen, was den wesentlichen Unterschied zu älteren Wirtschaftsformen markiert und gleichzeitig den Beginn der Samplingkultur darstellt.

Diese Grammatik der industriellen Fertigung und der modularen Maschine als Basis der Samplingkultur hat heute sämtliche Produktions- und Gesellschafts bereiche erfasst, in denen die Fragmentierung der alten - analogen, natürlichen, ontologischen - Welt zum Garanten für die Generierung neuer - digitaler, gentechnischer, onkologischer - Welten geworden ist. Analyse und Zerlegung verwandeln Wirklichkeit in ein Ersatzteillager, aus dem distinkte Teile und Elemente zu modularen Strukturen beliebig rekombiniert und synthetisiert werden können. Kulturgeschichte wird zur iterativen Genealogie, die auf eine absolute und vollkommene Maschine im Universum der Präzision zusteuert. Dieser Zustand kündigt sich mit dem Computer an, der die Differenz von Medium und Maschine aufhebt und alle Bereiche des Lebens durchdringt.

In diesem Sinne lässt sich der Begriff Sampling nicht auf einzelne Gebiete einschränken, wo er in sehr unterschiedlichen Funktionszusammenhängen steht. Er beinhaltet mehr als die Digitalisierung von analogen Signalen und ihre Überführung und Speicherung in numerischer Form. Prinzipien des Samplings finden sich gegenwärtig in beinahe allen Disziplinen; von Chemie bis Informatik, von Ökonomie bis Biotechnologie. Sie reichen von der Haute Couture über die Apligrafie (Züchtung von Hautgewebe) bis zu den Molekularscheren der Gentechnologie, vom Assembling standardisierter Teile im Fordismus bis zur temporären Substitution defekter Maschinen durch menschliche Arbeitskraft im Toyotismus, von Dubbing bis Techno. Sampling ist zur herrschenden Technologie und Leitmetapher der westlichen Kultur geworden: Sampling ist der universelle Metacode einer postindustriellen Gesellschaft und Ökonomie.

Sampling als Paradigma

„Wenn Sprache als Medium endlicher Notation und begrenzbarer Codes behandelt wird, dann kann Sprache durchaus als Medium von Sampling begriffen werden. Denn endliche Codes sind immer vollständig digitalisierbar und alles, was bloß einen begrenzbaren Bestand an Codierungsmaterial braucht, ist durch die universale Turing-Maschine darstellbar im Sinne einer homologen und isotopen Abbildung.“3

Schriftkultur antizipiert in Form des alphanumerischen Codes Phänomene des Samplings: Zeichen doubeln die Welt und je abstrakter beziehungsweise atomisierter diese Weltdoubles gestaltet sind, um so „idealer“ werden sie und desto weniger „bedeuten“ sie, weshalb sie wiederum komplexere Codes in Form von Programmen zur Strukturierung von Aussagen benötigen. Wilhelm von Humboldt leitete im 19. Jahrhundert aus der Schriftentwicklung die Gesetzmäßigkeit ab: Je abstrakter die Elemente eines Schriftsystems, desto geringer ist ihre Anzahl.4 Die Genauigkeit der Abbildung nimmt dabei mit der Feinheit der Gliederung zu; je kleiner die Elemente, desto geschmeidiger das System. Für Humboldt stellte das Alphabet zugleich das abstrakteste, das einfachste und das leistungsfähigste Schriftsystem dar. Die Ökonomie des Zeicheninventars wird zum Maßstab für die Güte eines Schriftsystems: je weniger Zeichenelemente, um so funktionaler. Da das menschliche Gehirn besser zu kombinieren als zu speichern vermag, ist das alphanumerische Zeichensystem auf die Minimierung der mnemotechnischen und der Maximierung der kombinatorischen Belastung ausgelegt. Zumindest gilt diese Regel bis zu dem Punkt, wo Maschinen die ars combinatoria in Nullen und Einsen übernehmen.

Mit 08/15 nähert sich die Entwicklung und Produktion von Dingen und Artefakten dem Modus der Schrift an, was sich durch Digitalisierung und computerisierte Fabrikation zunehmend verstärkt. Nach Jacques Derrida korreliert die Frage nach Sinn und Ursprung der Schrift mit der Frage nach Sinn und Ursprung der Technik: „Heute sagt man über den Signifikanten hinaus auch zum Signifikat Schrift, sowie all das, was Anlaß sein kann für Ein-Schreibung überhaupt, sei sie nun alphabetisch oder nicht […]. Im Hinblick auf die elementarsten Informationsprozesse in der lebenden Zelle spricht auch der Biologe heute von Schrift und Programm. Und endlich wird der ganze, vom kybernetischen Programm eingenommene Bereich […] ein Bereich der Schrift sein.”5

Im Zeitalter der programmtechnischen und genetischen Schriften weicht die Schrift als Verweis- und Kommunikationssystem einer Schrift als Produktions- und Generierungssystem. Die Konstruktion vom banalsten Gegenstand bis hin zum entferntesten und kompliziertesten Objekt - ob Kugelschreiber oder Flugzeug, ob Postwurfsendung, Fernsehproduktion oder Echtzeitsimulation - entstammt heute elektronischen Medien und ihren Programmen. Vom Desktop-Engineering über die Programmierung neuer pharmazeutischer Produkte bis zur Realisierung ganzer Stadtteile entspringen Umwelten virtuellen Welten und unterliegen damit auch ihren Kriterien der Erzeugung und Manipulierbarkeit.

In elektronischen Sprachgemeinschaften kündigen sich neokabbalistische Produktionsformen an, die nicht konventionelle sprachliche Repräsentationen zur Beschreibung einer Sache gebrauchen, sondern welche die Sache selbst unmittelbar zur Erscheinung bringen.6 Diese neue Sprachlogik gebiert Artefakte aller Art, die über 3D-Printer, wie etwa Lasersintermaschinen oder Polymerprinter, das Signifikat direkt dem Signifikanten einschreiben. Auch wenn diese „Schriften“ zur Zeit aus Kostengründen vorwiegend für militärische und medizinische Zwecke oder im Bereich des Prototypings eingesetzt werden, stellen sie eine Entwicklung in Aussicht, die mit reality on demand umschrieben werden könnte. Es kündigt sich neben der Recodierung der genetischen Schrift und der Nanotechnologie eine neue Weltliteratur an, deren Zeichen sich unmittelbar in einer Objektschrift materialisieren und Pixels zu sogenannten „Voxels“ (dreidimensionale Bildpunkte) werden.

Während sich Mediendiskurse oft auf Immaterialisierung und Simulation eingeschworen und im Taumel einer virtuellen Euphorie Aspekte des Medienmaterialismus weitgehend ausgeblendet haben, hat sich die Korrespondenz zwischen dem Materiellen und sogenannten Immateriellen exponentiell beschleunigt. Virtuelle Texte und Objekte simulieren oder imitieren nicht Realitäten, sondern generieren eigene Entitäten, welche die Wechselwirkungen zwischen virtuellen und realen Räumen buchstäblich metaphorisieren. Die Hybridisierung von Rechen- und Produktionsnetzen macht den Binärcode zum polyvalenten Medium, aus dem sich universell die Texturen für eine neue Welt samplen lassen.

Kultur- und Technikgeschichte tritt in ein neues Stadium von 08/15, wo Analyse und Zerlegung eine derartige Feinheit erreicht haben, dass die Rekonstruktion in Form von Rekombination eine unbeschränkte Verkettung zu neuen Waren, Produkten, Werten und Organismen in Aussicht stellt. Sampling markiert hier den Zäsurpunkt, an dem die Partikularisierung von Welt in diskrete und distinkte Einheiten eine Präzision erreicht hat, die algorithmisch alles mit allem kompatibel macht und die Welt in einen neuen Aggregatzustand versetzt.

Begonnen bei Wilhelm von Ockhams razor, dem philosophischen Rasiermesser, das die Welt in ihre Einzelheiten zerschneidet, spannt sich die Obsession des Schneidens und Scannens transhistorisch bis zu heutigen Technologien der Visualisierung, Mechanisierung und Informatisierung von Welt und ihren Körpern. Schneiden und Scannen sind metrische Wissenschaften, die vorerst Daten liefern, welche traditionell interpretiert rhythmischen Textsequenzen oder Musik entsprechen. Das deutsche Wort für scannen, skandieren, bedeutet Verse taktmäßig mit besonderer Betonung der Hebungen, aber ohne Rücksicht auf den Sinnzusammenhang zu lesen. Genau dieser Definition gemäß erfolgte die Sequenzierung des menschlichen Genoms mittels der Shotgun-Methode, bei der Basenfolgen und Gene unabhängig von ihren Funktionen gescannt und ohne „Textgrammatik“ entziffert wurden.7 Mit dem Scannen beginnt der eigentliche Skandal des Abendlandes, der mit dem Sampling eskaliert. Die rationalistische Realitätsleidenschaft der Naturwissenschaften unterliegt einer Doppelstruktur, innerhalb der das Sampling einen Antagonismus zum Schnitt bildet: Ein Teil zielt auf die Sezierung, Fragmentierung und letztlich Eliminierung von Ganzheiten, während der andere an der Imitation, Doublierung und künstlichen Replikation arbeitet, was wiederum eine freie Kombination von Korpuskeln zu Körpern beziehungsweise die Manipulation und das Sampling ermöglicht. Abendländische Kultur- und Technikgeschichte gleicht einer Doppelhelix, deren Stränge zum einen auf die Zerlegung und zum anderen auf die Verdopplung und Rekonstruktion abzielen.

Das Dämonische im Sampling

Sobald Menschen nicht nur rezitieren, was im Buch des Himmels, der Natur oder der Geschichte geschrieben steht, sondern auch fort- und umschreiben, verletzen sie den Mythos und Kultur wird autoevolutiv. Mit Sampling als Gefahr den Code durcheinander zu bringen, steht das programmierte Schicksal der Welt zur Disposition: „Rabbi Jehuda erzählt, wie er zu Rabbi Jischmael kommt und dieser ihn nach seiner Beschäftigung fragt. Er erwidert, er sei Thoraschreiber. Da habe jener zu ihm gesagt: Mein Sohn, sei vorsichtig bei deiner Arbeit, denn sie ist eine Gottesarbeit; wenn du nur einen Buchstaben auslassest oder einen Buchstaben zu viel schreibst, zerstörst du die ganze Welt.“8

Im Sefer Yetzirah, dem im Talmud erwähnten Buch der Schöpfung, wird berichtet, wie der Mensch an der Schöpfung teilnehmen kann, sofern er den richtigen Code anwendet. Durch die richtige Kombination von 22 Buchstaben des hebräischen Alphabets kann Leben geschaffen und wieder genommen werden. Wie die Geschichte des Golem aber lehrt, birgt dieses Codesampling immer ein Risiko. Den thoraschreibenden Kopisten verbindet mit dem Programmierer, dass der kleinste Fehler im Code, ein Zeichen zu viel oder zu wenig über Absturz oder Funktion entscheidet. Mythos und Dogma im Judentum, Christentum und Islam verbieten strikt beide Phasen des Samplings: sowohl das Abbilden und Klonen als auch die Neustrukturierung des Abgebildeten sind tabu. Wer das Buch des Himmels und der Natur verändert, ist ein Ketzer und weckt das Dämonische. Samplingprozesse stören und zerstören alte Ordnungen und schaffen neue, denen etwas faustisches anhaftet.

Bis ins 16. Jahrhundert verlief das Buch der Worte Gottes mit dem der irdischen Werke weitgehend symmetrisch. Erst mit Francis Bacon erleidet diese Homologie einen Bruch: Die Worte Gottes sind zwar weiterhin unveränderbar der Bibel eingeschrieben, die Werke Gottes werden jedoch durch den Menschen selbsttätig fortgeführt. Bacon, der die Naturbeherrschung durch Wissenschaft und die Gestaltung der Kultur durch Naturerkenntnis predigte, argumentierte gegen die Vorstellung, dass menschliche Werke die göttlichen zerstören könnten. Er ging von einem a priori „guten“ Code aus, weswegen alle Recodierungen gut sein mussten. Diese Rhetorik legitimierte die universelle Manipulierbarkeit der Natur und gab den Startschuss für alle dämonischen und diabolischen Vermischungen, Hybridisierungen und Chimärenbildungen der Moderne, womit das Lesen und Schreiben, das Decodieren und Recodieren im Buch der Natur im Zuge der Aufklärung zur Herausforderung des Fortschritts wurde.

Sampling ist bei aller technischen Akkuratheit, dogmatisch betrachtet, eine schmutzige Technologie. Die Zerschneidung der Welt in Partikel und vor allem die nachfolgende Rekonfiguration der Muster zu neuen synthetischen Welten, bedroht das System mit Unordnung, Chaos und Absturz. Die Beziehung zwischen Muster (= Sample) und Monstrum liegt nicht nur etymologisch nahe, sie ist mythisch vorprogrammiert und ökologisch oder biotechnologisch latent vorhanden. Augustinus warnte: „Lasst von euch ab; versucht euch selbst zu erbauen, und ihr baut eine Ruine.“ Sampling verletzt den Logos, hebelt Fragmente aus dem Kontext und torpediert Ganzheiten. Insofern kann Sampling als ein teuflisches Projekt verstanden werden, das ein demiurgisches Spiel treibt, bei dem die Welt als ganzheitliches Programm und geordneter Code zur Disposition steht. Natur präsentiert sich als ein Keyboard, auf dem das Lied von Leben und Tod gespielt wird.

Am deutlichsten wird dies, wenn das Transgene der Biotechnologie und das Transhumane der Medizin Sampling-Monster hervorbringen. Philip Blaiberg, der 84 Wochen die erste Herztransplantation durch Bernard überlebt hatte, spürte dies schon 1967 und bemerkte in einem Interview: „Ich bin ein neuer Frankenstein.“ Heute lassen sich organische Körper zerschneiden, kopieren oder neu zusammensetzen wie zuvor nur unbelebte Stoffe oder Informationen. Obgleich bereits vor über 2000 Jahren in Indien Hautlappen von Stirn und Wange zur Wiederherstellung von Nasen Verwendung fanden, wurde das Somasampling in der westlichen Medizin erst ab dem 19. Jahrhundert praktiziert. Organtransplantationen erfolgen beim Menschen ab den 1950er Jahren und ab den 1970er Jahren kommen Molekularscheren zum Einsatz, die über Restriktionsenzyme die DNS an den gewünschten Stellen schneiden. Der Körper wird zum 08/15-Tableau, in das sich Gewebeteile zu einem normierten Idealbild montieren lassen, wie es der antike Maler Zeuxis in seinem Bild der Helena für den Hera-Tempel in Kroton vorführte, für das er fünf der attraktivsten Mädchen nahm und jeweils die schönsten Partien in das Gesamtbild einkomponierte. Schönheitsideale sind in Zeiten von Hollywood, wo Bein-, Hand- oder Po-Doubles Praxis sind, bislang nur über Collagierungen möglich, aber vielleicht werden schon bald sonische Körperwelten entstehen, in denen sich Genotypen interferierend überschreiben und Phänotypen polyvalent erscheinen. Waren Basilisken, Greife, Harpiyen, Satyren, Sirenen oder Sphingen lediglich Teil einer fabelhaften Mythologie, sind Plantimale (= Pflanzen mit tierischem oder Tiere mit pflanzlichem Genmaterial), Anomine (= Tiere mit menschlichem oder Menschen mit tierischem Genmaterial) sowie artifizielle Substanzen produzierende Lebewesen biologische Realität.

Dem Menschen wird erst durch die Biotechnologie seine eklektizistische Genarchitektur bewusst, die verschiedenste Sequenzen evolutionärer Vorstufen sowie auch jene von Viren und Bakterien beinhaltet. Der Mensch war so gesehen immer schon eine Chimäre, ein historisch gewachsenes Samplingkonstrukt. Erst der evolutionäre Spiegel, den ihm seine Genkarte vorhält, zeigt den Zoo in ihm. Wir waren also immer schon transgen und warum sollten wir nicht selbst gewählte Xenogene in uns tragen wie mechanische und elektronische Implantate? Das menschliche Genom ist im Zeitalter des biotechnischen Samplings nicht länger das Archiv, das uns beschränkt, sondern der Ausgangspunkt für eine selbstbestimmte transgene Zukunft.

Sampling und Kunst

Die Wurzeln des Samplings lassen sich weit in die Kulturgeschichte zurückverfolgen. Sie reichen von den Cento-Gedichten9 der Antike über das Quodlibet (lat. „was beliebt“) in der Literatur und Musik des 16. bis 18. Jahrhunderts, den Figurenbildern des Arcimboldo und den Fugen eines Bach bis zu den Myrioramen in der Spiel- und Alltagskultur des 19. Jahrhunderts, mittels denen sich Landschaftsmotive horizontal zu kombinatorischen Panoramen permutieren ließen. Obgleich Sampling keinen einheitlichen oder verbindlichen Begriff darstellt, ist er von Formen des Zitats, der Kopie, Replik, Appropriation oder Collage abzugrenzen. Im Unterschied zum Zitat handelt es sich um keine zielgerichtete Übertragung von Sinn und Kontext, vielmehr um eine Methode der Fragmentierung, Dekontextualisierung und Transformation. Ein aus Fremdzitaten oder found footage bestehendes Stück ist noch kein Samplingprodukt. Erst wenn die einzelnen Teile in ihrer kombinatorischen Logik derart transformiert, rhythmisiert und strukturiert werden, dass die einzelnen Samples nicht mehr als Zitat, sondern als generatives Ausgangsmaterial für eine die Einzelteile übergreifende Logik funktionieren, kann von Sampling gesprochen werden. Beim Sampling als technotransformatives, prozessuales und generatives Verfahren wird folglich nicht zitiert, sondern eine neue Struktur aufgebaut, die mit der Linearität der Übertragung bricht und mit Diskontinuitäten operiert. Die Struktur des Samplings verhält sich mit jener der Collage diametral, da das herausgerissene Material weder metonymisch verfremdet noch zusammengeklebt wird. Es werden nicht Fragmente verleimt - das griech. Wort für Leim bildet den Kern der späteren Wortform Collage -, sondern atomare distinkte Teile isoliert und diskret montiert.10 Der Begriff Montage stammt aus der Industrie- und Militärsprache - montieren heißt einen Soldaten ausstatten - und ist der eigentliche Wegbereiter des Samplings. Dadaisten wie John Heartfield, George Grosz oder Raoul Hausmann, bezeichneten sich bereits 1916 - im selben Jahr startete die Produktion des 08/15 - als Monteure: „Dieser Begriff entstand dank unserer Abneigung, Künstler zu spielen; wir betrachteten uns als Ingenieure (daher unsere Vorliebe für Arbeitsanzüge), wir behaupteten, unsere Arbeiten zu konstruieren, zu montieren.“11 Es wurde nicht länger gemalt, gedichtet, fotografiert, komponiert oder gefilmt, es wurde ab nun montiert. Strukturen, Handlungsanleitungen, Manifeste, Programme und Algorithmen wurden wichtiger als fertige Kunstwerke. Der Rezipient war aufgerufen, sich zum Partizipienten zu wandeln, womit Autorenschaft sich grundlegend änderte und vom Begriffstripel Genialität, Virtuosität und Originalität entrümpelt wurde. Low tech-Experimente mit Analogmedien können hier durchaus als frühe Formen des Samplings betrachtet werden. Tristan Tzara etwa entwarf 1916 in Zürich einen einfachen Literatursampler:

„Nehmt eine Zeitung.
Nehmt Scheren.
Wählt in dieser Zeitung einen Artikel von der Länge aus,
die Ihr Eurem Gedicht zu geben beabsichtigt.
Schneidet den Artikel aus.
Schneidet dann sorgfältig jedes Wort dieses Artikels aus und
gebt Sie in eine Tüte.
Schüttelt leicht.
Nehmt dann einen Schnipsel nach dem anderen heraus.
Schreibt gewissenhaft ab
in der Reihenfolge, in der sie aus der Tüte gekommen sind.
Das Gedicht wird Euch ähneln.
Und damit seid Ihr ein unendlich origineller Schriftsteller mit einer charmanten,
wenn auch von den Leuten unverstandenen Sensibilität.“
12

Die Taktik, tradierte Werte, vorgegebene Sinneinheiten, Systeme und Codes zu destruieren und zu dekontextualisieren, spiegelt das enge Verhältnis der Kunst zu einer fragmentierten Realität wider. Die formale Zertrümmerung von den Dadaisten bis zu den Lettristen reagierte auf geänderte Produktions- und Wahrnehmungsverhältnisse, ausgelöst durch Phänomene der Gleichzeitigkeit und Parallelität in Film, Transport-, Nachrichtenwesen und Krieg. Der Mensch begann sein Selbst als medial getriggertes Samplingkonstrukt zu begreifen, das erst ein heterogenes, widersprüchliches und komplexitätsschwangeres Leben in und mit einer Splitterästhetik trainieren musste. Medientechniken samt ihren Veränderungen der Produktions- und Rezeptionsbedingungen waren zwar seit der frühen Moderne konstitutives Element des Gesellschaftlichen,13 aber Subjektspaltung und Identitätsverlust werden erst um 1900 zum bestimmenden Zustand von Sozietät und Kunst. Das Subjekt verwandelt sich in ein Labor, in dem Robert Musil „einen Menschen ganz aus Zitaten zusammensetzen“ wollte und wo die Entwicklung vom Mann ohne Eigenschaften zur Maschine ohne Eigenschaften, der Turingmaschine ihren Ausgang nimmt.14 Zeitgleich sammelte Walter Benjamin, der von den Montagemöglichkeiten der technischen Medien fasziniert war, obsessiv Zitate, um sie abseits jeder Authentizität zu verfremden und aus ihrem Humus neue Einsichten erwachsen zu lassen: „Zitate in meiner Arbeit sind wie Räuber am Weg, die bewaffnet hervorbrechen und dem Müßiggänger die Überzeugung abnehmen.“15

All diese Verfahren entsprachen den Lebensbedingungen einer aufkommenden Technokultur und pendelten gleichzeitig zwischen Materialzerlegung und Materialerweiterung.16 Luigi Russolo beklagte etwa in seinem Manifest zur futuristischen Musik L'Arte dei Rumori (1913) die Beschränktheit der Klangfarben des musikalischen Tones und forderte Geräuschmaschinen, sogenannte Intonarumori, um seine Sonaten für Flugzeuge, Alltags- und Maschinengeräusche umzusetzen.17 Die Maschine sollte über ihre Geräusche verherrlicht und idealisiert werden, was technisch betrachtet ein denkbar schlechter Weg ideologischer Illustration war, denn Geräusche sind Gradmesser der Entropie, ein Kainsmal der Unvollkommenheit in der Maschine. Im Gegensatz dazu verwendeten die russischen Fabriksirenenkonzerte, statt artifiziell erzeugter Geräusche, authentische des Alltags. Bei der ersten Aufführung 1922 in Baku kamen Nebelhörner der kaspischen Flotte, Kanonengeschwader und Wasserflugzeuge zum Einsatz und inszenierten „art of noise“ in großem Umfang. Durch das neuentwickelte Lichttonverfahren konnte Walther Ruttmann 1930 Alltagsgeräusche für sein Hörstück Weekend speichern und im Unterschied zu Aufnahmen des Phonographen (seit 1877) oder des Grammophons (seit 1888) auch schneiden und montieren, wodurch ein akustisches Gegenstück seines Filmes Berlin - Symphonie einer Großstadt möglich wurde. Aber auch Schallplatten wurden durch die Variation der Geschwindigkeit verfremdet, wie John Cage 1942 mit der Aufnahme eines Hundegejauls demonstrierte oder wie schon in den 1920er Jahren László Moholy-Nagy und Hans Heinz Stuckenschmidt als Scratching-Pioniere am Weimarer Bauhaus zeigten.18

Ein neuer Umgang mit Medien, Speichern und Archiven wurde erprobt, der die aufgezeichneten Versatzstücke der Realität als veränderbare und manipiulierbare Erinnerungen (random access memory) und nicht als unverrückbare Gedächtnisse (read only memory) behandelte. Kunstwerke gestalteten sich dadurch von Produkten zu Prozessen, von Werken zu Werkeln, Apparaten, Settings oder Programmen, die in sich kontingent ein potentielles OEuvre trugen, das der Rezipient aufgerufen war, navigierend oder interaktiv zu erforschen. Nam June Paiks Arbeit Random Access von 1963, bei der Tonbänder an der Wand kleben und der User mit einem Tonkopf in der Hand selbstständig diese abtastet, ist hierfür exemplarisch. Technische Geräte wurden in neue künstlerische Kontexte transferiert und unvorhergesehenen Anwendungen unterzogen: Karlheinz Stockhausens „radiophonische Musik“ zielte beispielsweise auf eine Musik aus und durch Radios, anstatt auf eine für Radios. Von „Modulationen“ spricht Stockhausen bei der Telemusik von 1966, die er dezidiert von den Collage- und Montagekonzepten der ersten Jahrhunderthälfte absetzt. Mit „Intermodulation“ bezeichnet er die Mischung alter gefundener Objekte mit neuen selbstgeschaffenen Objekten, um eine „Universalität von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von weit voneinander entfernten Ländern und Räumen“ zu erreichen. Der Musiker als vernetztes und mit Zugriffsrechten auf Daten und Speichern versehenes Subjekt antizipiert hier das Online- und Echtzeitstadium des Internet.

Von dort war es nur mehr ein Schritt - allerdings kulturell ein sehr großer - zu den frühen HipHop-DJs der 1970er Jahre, die kurze Instrumentalpassagen aus vokalen Soul- und Funk-Platten für Breaks entnahmen und diese wiederum durch das Vor- und Zurückdrehen zweier Platten mischten. Die Breaks, die bei HipHop- oder Dub-Produktionen als Hintergrund für den Rapper oder Toaster, sein jamaikanisches Äquivalent, dienten, sahen sich weniger künstlerischen Avantgarden verpflichtet, als zunächst einem Lebensgefühl und später einem politischen Ausdruck. Als die ersten Sampler der Marke AKAI oder Fairlight die steril klingenden Drumcomputer und Sequencer in den 1980er Jahren ersetzten, brachten sie diese Entwicklung technisch auf den Punkt. Ab nun konnten die Tasten eines Keyboards mit allen Arten von Geräuschen - vom Schlagzeug über Gitarrenriffs bis Polizeisirenen - belegt und auf Abruf sequenziert werden.

Mit dem Computer haben schließlich in den letzten Jahren digitale Video- und Soundstudios in Künstlerhaushalten Einzug gehalten wie Küchenmixer und Staubsauger in Gemeindewohnungen der 1950er Jahre. Methoden des Samplings haben sich rasant verbreitet, vervielfältigt und beschleunigt. Im Feld aktueller Kunstproduktionen beschreibt Sampling einen Zustand, der über das Technische weit hinausweist und als ein Kulturmodell fungiert, das einer mentalen und sozialen Befindlichkeit auf höchst unterschiedlichen Ebenen Rechnung trägt. Sampling artikularisiert sich nicht nur auf einer formalen neokonstruktivistischen Ebene von Visuals und Soundpatterns, sondern unterläuft ebenso subversiv überkommene Konzepte von Autorenschaft oder Vorstellungen von Copyright und Privateigentum. Das Potential des Samplings liegt weniger in formalen Spielereien als in der Haltung begründet, gegenüber politischen und ökonomischen Restriktionen Position zu beziehen. Als integraler Bestandteil einer Open-Source-Bewegung operiert Sampling als ein Kulturbegriff, der den Interessen intellektuelle Werte oder öffentliche Räume zu privatisieren, entgegentritt.

Neben diesen politischen und ökonomischen Aspekten eröffnet Sampling einen transdisziplinären Horizont der Symbolproduktion, indem Disziplinen vernetzt und Dispositive des Handelns und Wissens wechselseitig benutzt werden. Sampling emanzipiert sich vom technischen zum künstlerischen Programm und wirkt als Katalysator für Hybridisierungen. Das seit der Moderne bestehende Bedürfnis nach der Überwindung von Schranken zwischen künstlerischen Kategorien beziehungsweise nach der Hybridisierung von Bild, Schrift, Musik und Wort findet in Methoden des Samplings seine adäquate Umsetzung. Künstler arbeiten zunehmend intermedial, indem sie Bilder, Töne und Versatzstücke des Realen modular zu Texturen verknüpfen. Künstlerische Texte ereignen sich zwischen den Medien, da sie weder auf ein singuläres Werk noch auf ein einzelnes Medium insistieren und die Beziehungen und Verknüpfungen einzelner Medien untereinander an Bedeutung gewinnen. Kunst realisiert sich folglich an Naht- und Schnittstellen und entfaltet in den strukturellen, medialen und semiotischen Lücken oder Leerstellen ihre überraschenden Sinnhorizonte. Intermedialität und Sampling verletzen das Gesetz der Identität von Medium und Botschaft, indem sie ihre Bedeutungen nicht aus dem Medium und seinen Repräsentationen extrahieren, sondern über Neukonstellationen, Rekombinationen, Recodierungen und chiasmischen Verlinkungen Knoten bilden, welche die Einheit von Form und Inhalt zuerst cracken, um sie dann zu neuen Komplexitäten zu polymerisieren.


10 Sampling-Thesen


1 Der Text „samplet” Passagen publizierter Texte als Ausgangsmaterial für neue Überlegungen: Thomas Feuerstein, Plus ultra::Das Herkulesprojekt. In: Thomas Feuerstein (Hrsg.), Biophily. Better Dead than Read, Wien 2002, S. 70-223. Thomas Feuerstein, Sampleminds: Technokultur zwischen Aviatarik, Avataras und Atavismus. In: Stefan Bidner (Hrsg.), LANding, Wien 2000.

2 Vgl. Peter Berz, 08/15. Ein Standard des 20. Jahrhunderts, München 1998. Das doppelläufige MG mit der Bezeichnung 08/15 wurde ab 1916 von mehr als 100 Firmen fabriziert, die in ganz Deutschland von Berlin über Hamburg bis München verteilt waren. Aus Geheimhaltungsgründen durfte keine Firma mehr als Teilzeichnungen der gesamten Wunderwaffe erhalten, was eine unterteilte Fertigung bedingte. Es entstand ein neues Produktionssystem, das bis heute den Namen ihres damaligen Produktes trägt. In Folge resultierte daraus eine neue Fabrikations- und Standardisierungsmatrix sowie der Normenausschuss der deutschen Industrie (seit 1975 kurz DIN).

3 Hans Ulrich Reck, Das Hieroglyphische und das Enzyklopädische. Perspektiven auf zwei Kulturmodelle am Beispiel „Sampling“ - Eine Problem- und Forschungsskizze. In: Hans Ulrich Reck und Mathias Fuchs (Hrsg.), Sampling, Wien 1995, S. 10.

4 Wilhelm von Humboldt, Über die Verschiedenheit des menschlichen Sprachbaues und ihren Ein- fluß auf die geistige Entwicklung des Menschengeschlechts, Paderborn 1998, S. 180.

5 Jacques Derrida, Grammatologie, Frankfurt a. Main 1996, S. 21.

6 Die kabbalistische Tradition kennt unterschiedlichste „Software“, um den alphanumerischen Code so zu manipulieren, dass Gegenstände oder Leben resultieren. Das Programm des Abraham Galante aus dem 16. Jh. schreibt beispielsweise vor, dass, wenn man eine Sache erschaffen will, man dessen Buchstaben mit allen Buchstaben des Alphabets zu kombinieren hat; will man die Sache wieder zerstören, kombiniert man die Buchstaben in umgekehrter Reihenfolge.

7 Dies entspricht der sog. Shotgun-Methode, die u. a. von Craig Venters Firma Celera Genomics zur „Entschlüsselung“ des menschlichen Genoms angewendet wurde. Kritiker befürchten aufgrund des hastigen „Skandierens“ eine Fehlerquote von bis zu 50%.

8 Zit. n. Hans Blumenberg, Die Lesbarkeit der Welt, Frankfurt a. Main 2000, S. 28.

9 Im Cento (=Flickwerk) wird den lateinischen Dichtern die Aufgabe gestellt, aus Zitaten eines Autors - vor allem aus den Versen Vergils, die sich an zwei bis drei Zäsuren bequem abteilen lassen - ohne eigene Zutaten Verse zu bilden, die einen völlig neuen Sinn ergeben.

10 U.a. glaubte John Cage Anfang der 1970er Jahre, ein Lösungsmittel gegen musikalischen Klebstoff gefunden zu haben, um Töne zu isolieren und aus ihrem musikalischen Korsett zu befreien. Vgl. Mathias Fuchs, Total Recall - Erinnern und Vergessen in der Musik, Kunstforum Bd. 127, 1994, S. 170.

11 Raoul Hausmann, Am Anfang war Dada. Hrsg. v. K. Riha/G. Kämpf, Steinbach/Gießen 1980, S. 49.

12 Tristan Tzara, 7 Dada Manifeste, Hamburg 1976, S. 44.

13 Englische Tageszeitungsleser reagierten etwa im 18. Jh. auf den neu eingeführten Spaltensatz mit dem Gesellschaftsspiel des Cross-reading, das von einer Kolumne zur nächsten springend Politik mit Wissenschaft und „Avertissements“ mischte. Georg Christoph Lichtenberg hielt satirisch folgendes Beispiel fest: „Am 13. dieses schlug der Blitz in die hiesige Kreuzkirche - Und setzte Tages darauf seine Reise weiter fort.“ Georg Christoph Lichtenberg, Nachahmung der englischen Cross-readings. In: Ders., Schriften und Briefe, Bd. 2 München 1971, S. 161.

14 Robert Musil, Tagebücher. Hrsg. v. Adolf Frisé. Bd. 1, Reinbek 1976, S. 356.

15 Walter Benjamin, Gesammelte Schriften. Unter Mitwirkung von Theodor W. Adorno und Gershom Sholem herausgegeben von Rolf Tiedemann und Hermann Schweppenhäuser, Frankfurt a. Main 1972-1989, Band IV.1, S. 138. Benjamin sammelte Zitate in großen Mengen. Für seine geplante Habilitationsschrift Ursprung des deutschen Trauerspiels waren es über 600, die nicht als periphere Anmerkungen, sondern als Zentrum gedacht waren. Adorno vermerkte dazu: „Daß Benjamins Werk fragmentarisch blieb, ist also nicht bloß dem widrigen Schicksal zuzuschreiben, sondern war im Gefüge seines Denkens, in seiner tragenden Idee von je angelegt.“ Theodor W. Adorno, Einleitung zu Benjamins „Schriften“. In: Ders., Noten zur Literatur, Frankfurt a. Main 1974, S. 570.

16 Beispielhaft dafür ist Kurt Schwitters. Während er an seinem Merzbau arbeitete und am intermediären Gesamtkunstwerk baute, forderte er eine Analyse der Literatur in ihre Bestandteile: „Nicht das Wort ist ursprünglich Material der Dichtung, sondern der Buchstabe.“ Und weiter: „Die konsequente Dichtung ist aus Buchstaben gebaut. Buchstaben haben keinen Begriff.“ Kurt Schwitters, Konsequente Dichtung (1924). In: Das literarische Werk. Hrsg. v. Friedhelm Lach, Bd. 5, Köln 1981, S. 190f.

17 „Das Leben der Vergangenheit war Stille. Mit der Erfindung der Maschine im 19. Jahrhundert entstand das Geräusch.“ Luigi Russolo, Geräuschkunst (1913). In: Umbro Apollonio (Hrsg.), Der Futurismus. Manifeste und Dokumente einer künstlerischen Revolution 1908-1918, Köln 1972, S. 86.

18 „Moholy-Nagy sah in der Schallplatte musikalische Zukunft. Aber er protestierte dagegen sie nur als Mittel der Reproduktion von Aufführungen zu gebrauchen. Wir experimentierten zusammen, ließen sie rückwärts laufen, was vor allem bei Klavierplatten überraschende Effekte ergab. Wir bohrten sie exzentrisch an, so daß sie nicht regelmäßig liefen, sondern ‚eierten' und groteske Glissandotöne produzierten. Wir kratzten sogar mit feinen Nadeln in die Rillen und brachten so rhythmische Figuren und Geräusche zustande, die den Sinn der Musik radikal veränderten (…)“ Hans Heinz Stuckenschmidt, Musik am Bauhaus. In: Karin Maur (Hrsg.), Vom Klang der Bilder, München 1985, S. 410.

Erstabdruck in: Stefan Bidner, Thomas Feuerstein (Hg.), Sample Minds. Materialien zur Samplingkultur, Köln 2004, S. 251 - 263.

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