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Elektronisches Tafelbild

In unmittelbarer Weiterführung des Spurenapparates und der damit verbundenen Analyse des Bildbegriffes entwickelte sich das Elektronische Tafelbild. Das Bild ist dabei nicht als Reflektor einer äußeren Realität oder inneren Wirklichkeit zu betrachten, sondern als Transformator physikalischer und informationstechnischer Art. Es thematisiert die Geschichte der Malerei und ihre Überführung in elektronische Systeme. Wo Leinwand und Farbe war, ist eine Siliziumschicht getreten, die Licht in elektrische Energie wandelt. Eine zweite Siliziumschicht (Computerchip) hinter der ersten wandelt die Energie in Information, die auf einem Display neben dem Bild angezeigt wird - also genau an jener Stelle, wo normalerweise ein Schild Auskunft über Autor, Titel, Material, Maße und Datierung gibt.

Historisch betrachtet fielen bekanntlich mit dem Tausch der Fremdreferenz gegen die Selbstreferenz Repräsentations- und Imitationsannahmen im Bild weg (Von Malewitsch...). Neben der Eliminierung der gegenständlichen Welt bedurfte es zur eigenständigen Verarbeitung bildimmanenter Elemente vor allem einer Dekomposition oder Trennung des Bildes in seine einzelnen Bausteine. Diese Trennung und Verdichtung ließ das Bild in seine Elemente (Farbe, Licht, Material usf.) kondensieren. Die Kondensation bildimmanenter Elemente löste einen Wechsel des Aggregatzustandes im Bild, wodurch plötzlich ein Kombinationspiel mit distinkten Elementen bei der Bildproduktion zum Tragen kam. Allen Kondensationsprozessen gemein ist eine Dynamisierung und Temporalisierung des Bildes. Eine gegenüber dem traditionellen Tafelbild wesentlich stärkere Prozeßhaftigkeit dekomponiert das Bild in Ereigniszustände, in denen die Elemente ständig neu zugeordnet und untereinander in Bezug gesetzt werden. Ein statisches Verharren in einem Zustand wäre nur ein störendes Sistieren des Prozesses und ist den Bildern nach Änderung des Aggregatzustandes ebenso fremd wie eine linear-kausale Abbildungstransformation (...zu Barcode).

Reduktionismus, Mechanismus, Determinismus - bekanntlich die drei wesentlichen Komponenten des Modernismus - werden im Programm Spuren zitiert.

Thomas Feuerstein, Elektronisches Tafelbild - Von Malewitsch zu Barcode, polykristalline Fotovoltaikzelle, Computer, LCD-Anzeige, 1993

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