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Spurenapparat

Die Grundintention, die zum Bau des Spurenapparates führte, war der Versuch, ein möglichst einfaches ,,Bild" als eine Art Allegorie von zahllosen Bildern in einem Bild zu entwerfen. Ziel war die Schaffung eines bildnerischen Apparates, der sich einem Uroboros gleich selbst in den Schwanz beißt und zum Durchgang durch das Unendliche befähigt ist, indem er die Welt in Teilprobleme und diese weiter in eine Folge von Einzelschritten zerlegt. In Anlehnung an die Idee des englischen Mathematikers Charles Babbage (1792-1871), programmierbare Maschinen zur Berechnung von Zahlenwerten zu konstruieren, entstand eine materielle Skulptur zur Errechnung von Bildwerten. Als symbolische Grundform hierfür wurde ein mathematisches Kleiner-als- (<) beziehungsweise Größer-als- Zeichen (>) gewählt. Die Konstruktion orientiert sich an Zollstäben und setzt sich aus Holzbrettern und Schraubverbindungen zusammen. Der Unterschied zu einem gewöhnlichen Zollstab besteht lediglich in der regelmäßig variierenden Länge der Elemente, die um einen Quotienten (5 cm) differiert, um die symbolische Ausgangsform des </> zu erzielen. Das mathematische </> steht für einen Wirklichkeitsausschnitt, der von den einzelnen Elementen in Zeilen zerschnitten (gescanned) vorliegt. Auf den Kanten der Bretter ist eine Abfolge binärer Einzelschritte in Form von abwechselnd hellen und dunklen Farbflächen aufgebracht. In der Zusammenschau ergibt sich je nach Konstellation der Elemente zueinander ein wechselndes, sich aus Kurven zusammensetzendes Wellenmuster.

Vergleichbar der Idee von Ada Lovelace, Lord Byrons Tochter, die daran dachte, Babbages Idee einer Rechenmaschine zur Herstellung von Musikstücken jeder Länge und Komplexität zu nützen, bringt der Spurenapparat unvorhergesehene Kombinationen, die als Wellen oder Frequenzen gelesen werden können, hervor. Eine Transponierung in Ton- oder andere Zeichenfolgen ist über eine eigene Software möglich. Der Spurenapparat ist damit kein katalogischer Speicher wie das einstige Tafelbild oder ein Thesaurus als Summe einzelner Tafelbilder in einem Museum, sondern ein struktureller Speicher und Bildgenerator. Diese Relation von struktureller und katalogischer Kontingenz illustriert die Gegenüberstellung der beiden Arbeiten Spurenapparat (struktureller Speicher) und Katalog (katalogischer Speicher).

Thomas Feuerstein/Klaus Strickner, Spurenapparat (Autopoietische Kunst), Variable Holzkonstruktion, 1991

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