Kontingente WeltenWenn man davon ausgeht, daß Kunst die Welt in der Welt erscheinen läßt, so kommt es zu einer Konfrontierung der Realitätssicht mit einem Teilaspekt derselben oder einer anderen Realität in einem bestimmten Kontext. Die Welt erweist sich dabei insofern als kontingent, indem die Vorstellung von Welt um eine weitere Möglichkeit der Vorstellung bereichert wird. In Kontingente Welten entspricht jede leuchtende Röhre einer projizierten Welt, die über Knoten, bestehend aus Steckern und Kupplungen, sich mit jeweils zwei weiteren verbindet. Dadurch entsteht ein Netz aus Knoten und Röhren, wobei jeder Röhre die optische Funktion, Trägerin einer digital verzerrten Erdoberfläche zu sein, zukommt. Die Oberflächenverzerrungen bedingen sich aufgrund der Metrikeigenschaften von Kugelfläche und Ebene, wie sie aus Mercator-Projektionen bekannt sind. Die von Satellitenfotos geläufige Erscheinung der Erde transformiert zu einer linear gestreckten Zylinderoberfläche, die Licht nicht reflektiert, sondern emittiert. Welt beziehungsweise Wirklichkeit beginnt sich dabei auf eine lineare, überschau- und abschätzbare Teilstrecke zu reduzieren. Die einzelnen ,,Welten" oder ,,Strukturelemente unserer Wirklichkeit" verästeln sich nach einem virtuell angelegten Metabolismus, der von den platonischen Körpern bis zu rein stochastischen Konfigurationen reicht. Das naturwissenschaftliche Konzept der Bifurkation (Verästelung, Verzweigung) wird dabei probeweise auf eine soziopsychologische Dimension erweitert. Die dem ,,Umstöpsel-Lebensstil" immanente Möglichkeit, sich jederzeit und jederorts an eine beliebige Welt anzudocken und in ihr für kurze Zeit zu verweilen, wird in unserer telematischen Kultur zum vorherrschenden Lebensprinzip. Orte werden zu Passagen/Terminals/Knoten, in denen wir nur so lange verharren, bis wir den nächsten ,,Anschluß" finden. Die Frage nach Kausalitäten kann an solchen Orten nur eine reaktionäre, nach einem nicht existenten Ursprung suchende sein. Die Sachverhalte und Personen erweisen sich als kontingent und das System als virtuell. Setzte ein Kausalprinzip für alles kontingente Seiende noch einen Ursprung oder ein Original voraus, so bringt ein kontingenter Blick auf die Welt Kopien hervor, die nicht Abzüge einer Vorlage sind, sondern im Sinn von ,,copia" ein Vorrat an Möglichkeiten. |